Die technische Aktienenalyse überzeugt nicht jedermann; schließlich werden hier aus historischen Daten Handlungsempfehlungen für die Gegenwart, zw Zukunft erzeugt. Tatsächlich sind die Indikatoren mit Vorsicht zu genießen; doch macht die Datenarbeit auch Spaß und man lernt so einiges über manche Aktien. Im Folgenden werden wir mit dem Paket quantmod Aktienerverläufe einlesen, visualisieren und untersuchen.
Daten Einlesen
Wir entscheiden uns für die Quelle Yahoo und wollen die Firma Berkshire-Hathaway genauer anschauen. Mit dem folgenden Code werden die Daten direkt in den Workspace geladen:
library(quantmod)
symbolBasket <- c("BRK-B")
getSymbols(symbolBasket, src="yahoo") # weitere Quellen src="google"/"FRED"/"Oanda"## [1] "BRK-B"Zur Vereinfachung schreiben wir noch das Kürzel ohne den Bindestrich:
BRKB <- as.xts(`BRK-B`)
names(BRKB) <- c("BRKB.Open", "BRKB.High", "BRKB.Low", "BRKB.Close", "BRKB.Volume", "BRKB.Adjusted")Da wir Open, Close, High und Low haben können wir den Verlauf direkt als Candle Chart darstellen. Im Folgenden eingegrenzt auf das aktuelle Jahr bis Anfang September. Im Folgenden wollen wir nun durch die Indikatoren Kaufempfehlungen ableiten und zum Schluss den realen Verlauf anzeigen. –> vom Volumen her gibt es keine großen Auffälligkeiten in den letzten Wochen; der Preis steigt. Mit nur diesen Informationen würde ich hier eine leichte Kaufempfehlung sehen.
candleChart(BRKB, TA=c(addMACD(fast=12, slow=26, signal=9, type="EMA"), addVo()), subset="20250101::20250901")Nun können wir den Verlauf um weitere Indikatoren erweitern und unsere Schlüsse ziehen.
Moving Averages
Moving Averages dienen der Glättung von Kursschwankungen zur einfacheren Trendbestimmung. Der einfach gleitende Durchschnitt (SMA) berechnet den Durchschnitt der Schlusskurse über einen bestimmten Zeitraum; der exponentielle gleitende Durchschnitt (EMA) gibt neueren Kursen eine höhere Gewichtung. Beliebt sind die 50- und 200-Tage-Linien. Eine Kaufentscheidung kann zB dann signalisiert werden, wenn der kuzrfristigere (EMA) Durchschnitt den langfristigeren Durchschnitt (SMA) von unten nach oben kreuzt.
–> Der 200-Tages-Durchschnitt ist höher als beide kurzfristigen Durchschnitte, was gegen einen Kauf spricht. Andererseits ist der blaue EMA über dem roten SMA mit 50-Tages-Zeiträumen, was für einen Kauf sprechen könnte. Dennoch würde ich hier ein Signal gegen einen Kauf sehen.
candleChart(BRKB, subset="20250101::20250901",
TA=c(addSMA(n=200, col="red"),
addSMA(n=50, col="red"),
addEMA(n=50, col="blue")
))Relative Strength Index
Dem Indikator wird nachgesagt Kursveränderungen aufzuzeigen, indem er u.a. vergangene Gewinne und Verluste in Relation setzt und skaliert. Ein Wert über 70 signalisiert einen Überkauf und auf eine aufziehende Kurskorrektur; ein Wert unter 30 auf eine überverkaufte Marktbedingung und eine baldige Markterholung.
–> Zu Beginn September sehen wir einen Wert um die 70 und somit ein Verkaufsignal: nicht kaufen!
candleChart(BRKB, subset="20250101::20250901",
TA=c(addRSI(n=14)
))MACD
Der Moving Average Convergence Divergence (MACD) ist ein Momentum-Indikator, welcher benutzt wird um Kauf- und Verkaufssignale zu identifizieren. Er erlaubt eine Beurteilung, ob die Stärke eines Trends abnimmt oder zunimmt. - Die erste Linie stellt die Differenz zweier expontentiell gleitender Durchschnitte dar - typischerweise der letzten 12 und 26 Tage: MACD = 12day EMA - 26day EMA. Eine steigende MACD-Linie signalisiert einen Aufwärtstrend; eine fallende Linie einen Abwärtstrend. - Die zweite Signallinie wird typischerweise mit dem 9-Tages-Durchschnitt berechnet. Durchschneidet die MACD-Linie die Signallinie von unten nach oben, so wird dies als Kaufsignal interpretiert; kreuzt MACD die Signallinie von oben nach unten, so wird ein Verkaufssignal gesehen. Das Histogramm stellt das Delta zwischen beiden Linien dar und ist in der Regel einfacher zu lesen: je größer die Kerze, desto stärker die Trendstärke. Ein Wechsel der Kerzen vom negativen zum positiven Bereich ist ein Kaufsignal und vice versa.
–> In unserem Fall haben wir eine leicht steigende MACD-Linie: ein Aufwärtstrend. Ein Verkauf- oder Kaufsignal gibt es aber nicht. Aufgrund des Aufwärtstrend würde ich hier zum Kaufen tendieren.
candleChart(BRKB, subset="20250101::20250901",
TA=c(addMACD(fast=12, slow=26, signal=9, type="EMA")))Bollinger-Bänder
Die Bollinger-Bänder verdeutlichen die Volatilität. Sie basieren auf einem gleitenden Durchschnitt (Simple Moving Average SMA) auf Basis von 20 Tagen und zwei Bändern im Abstand von zwei Standardabweichungen. Die Bänder sind bei zunehmender Volatilität umso breiter und umso kleiner bei geringer Volatilität; auch gut dargestellt im unterhalb angezeigten width Indikator. Typischer wird ein Zyklus mit geringer Volatilität oder einer Seitwärtsbewegung von einer Expansionsphase abgelöst. Wenn sich der Aktienpreis in die Nähe des oberen Bandes befindet (oder dieses sogar durchbricht), bewerten viele den Titel als überverkauft und machen eine Verkaufschance aus. Eine Kaufchance träte dann auf, wenn der Aktienpreis beim unteren Band verweilt. Bollinger Bands %b zeigt die Position des aktuellen Preises innerhalb der Bänder als Prozentwert von 0 bis 1. Er quantifiziert, wie nah der Kurs am oberen oder unteren Band liegt: Ein Wert von 1 zeigt an, dass der Kurs am oberen Band liegt und ein Verkaufssignal liegt vor.
–> Anfang September verweilt der Kurs nahe des oberen Bandes: ein Kaufsignal.
candleChart(BRKB, subset="20250101::20250901",
TA=c(addBBands(n = 20, sd = 2, ma = "SMA", draw = 'bands', on = -1), #standard Bollinger Bands
addBBands(n = 20, sd = 2, ma = "SMA", draw = 'percent', on = -1), #draw Bollinger %b unterhalb
addBBands(n = 20, sd = 2, ma = "SMA", draw = 'width', on = -1) #Bolinger Bands Width unterhalb
))Rate-Of-Change (ROC)-Indikator
Dieser Indikator misst die prozentuale Kursveränderung über einen bestimmten Zeitraum, indem er den aktuellen Kurs mit dem Kurs vor n Perioden vergleicht. Ein kürzerer Betrachtungszeitraum ist eher für das Day Trading geignet, während ein längerer Zeitraum für das Value Investing verwendet wird. Ein positiver Wert bedeutet, dass der Kurs gestiegen ist; das Kreuzen der Nullinie von unten nach oben signalisiert ein Kaufsignal, während das Kreuzen von oben nach unten ein Verkaufssignal ist.
–> Während ein Value Investor anhand der blauen Linie eher nicht kaufen würde, wäre dies bei der kurzfristigeren Betrachtung schon eher gegeben. das Kaufsignal war zwar schon eher im August mit dem Überschreiten der Nulllinie, so hält der positive Trend doch an: Kaufen!
candleChart(BRKB, subset="20250101::20250901",
TA=c(addROC(n=200, col="blue"),
addROC(n=50, col="red"),
addROC(n=22, col="green")
))Commodity Channel Index
Auch der CCI zeigt (Ver-)Kaufignale auf. Hier wird der aktuelle Preis gegen das Durchschnittsniveau eines bestimmten Zeitraums ermittelt. Die Berechnung ist recht komplex und beinhaltet auch eine Konstante; empfohlen wird 0,015. Die Werte werden damit so skaliert, dass der CCI sich die meiste Zeit in einer Range von +100 bis -100 befindet. - CCI > 100: Aktie ist überkauft, eine Kursabschwächung steht an - CCI < -100: Aktie ist überverkauft, Kurssteigerung steht an - Kauf, wenn CCI die -100 Linie von unten nach oben kreuzt - Verkauf, wenn CCI die +100 Linie von oben nach unten kreuzt Es gilt grundsätzlich, dass ein steiler Anstieg/Rückfall der CCI-Linie auf eine hohe Stärke des sich etablierenden Trends hindeutet.
–> Schön mit der roten FLäche visualisiert sehen wir, dass die Aktie überkauft ist: Verkaufen!
candleChart(BRKB, subset="20250101::20250901",
TA=c(addCCI(n = 20, maType="SMA", c=0.015)
))Ergebnis
Wir können nun festhalten - nur Volumen & Preisverlauf: Kauf - Moving Averages: kein Kauf - Relative Strength Index: kein Kauf - MACD: Kauf - Bollinger Bänder: Kauf - ROC-Indikator: Kauf - CCI: kein Kauf Und wie hat sich der Preis entwickelt?
candleChart(BRKB, TA=c(addMACD(fast=12, slow=26, signal=9, type="EMA"), addVo()), subset="20250101::") Zwar fällt der Aktienpreis im September leicht; es gibt aber auch Tage mit einem Preis über dem Stand vom 01.09. Zudem sehen wir auch einen Aufwärtstrend im November, welcher sich fotsetzen könnte. Ein Kauf könnte sich also gelohnt haben Doch ist genau dies das Problem der technischen Aktienanalyse: je weiter der Betrachtungszeitraum, desto weniger macht es Sinn per technischer Indikatoren Signale aus vergangenen Aktienwerten zu lesen.
Es gibt auch andere Möglichkeiten zur Aktienanalyse in R; zB mit dem Paket Tidyquant:
library(tidyquant)data <- tq_get("AMZN", from="2020-01-01", to="2025-01-1")
head(data)