Diego Torres Silvestre "Ice Creams, Hot Dogs & Pretzels" Some rights reserved. www.piqs.de |
Man stelle sich eine Wirtschaft vor, in der nur zwei Güter hergestellt würden: Würstchen und Brötchen. Konsumenten würden Hotdogs kaufen; also jeweils ein Brötchen mit einer Wurst. Die Fertigung geschieht durch Menschenhand.
So fing Paul Krugman 1997 einen Artikel für das Online-Magazine Slate an, in welchem er den Zusammenhang von Technologie, Jobs und Kapitalismus erklären will. Er fährt fort, dass in dieser Wirtschaft 120 Millionen Arbeiter beschäftigt sind, was einer Vollbeschäftigung entspreche. Zur Herstellung einer Wurst oder eines Brötchens benötige es zwei Arbeitstage. Die 60 Millionen Angestellten in der Brötchenproduktion und genauso viele in der Wurstfabrikationen produzieren demnach täglich 30 Millionen Brötchen und Würste.
Angenommen es komme eine verbesserte Technologie auf, mit deren Hilfe ein Arbeiter zur Herstellung einer Wurst nur noch einen Tag brauche und mit welcher täglich 40 Millionen Würste hergestellt werden könnten. Man benötigt dafür also auch 40 Millionen Brötchen wozu es es einer Umschichtung der Arbeitskraft brauche; 40 Millionen Arbeiter in der Würstchenfabrikation und 80 Millionen in der Brötchenherstellung. Betrachtet man alleine die Würstchenindustrie so nimmt man eine 33 prozentige Outputsteigerung bei gleichzeitigem Arbeitsplatzabbau von 33 Prozent der ursprünglichen Arbeitsplätze wahr. Betrachtet man die ganze (Hot-Dog)-Wirtschaft, so sieht man, dass die Arbeitsplätze zwar im einen Sektor abgebaut wurden, im anderen Sektor aber neue geschaffen wurden. Im Ganzen gingen also keine Arbeitsplätze verloren.
Diesen Sachverhalt kann nur die simplifizierte Hot-Dog-Ökonomie aufzeigen. Mit dem reinen Betrachten der eigentlichen Wirtschaft, wäre solch ein Zusammenhang nicht ersichtlich gewesen. Auf diese übertragend, kann man für Würstchen die industrielle Produktion einsetzen und für Brötchen die Dienstleistungen. Schnell erscheint die wirtschaftliche Entwicklungen der Industrieländer in den letzten Jahren in einem anderen Licht. Nehme man die USA: zwischen 1970 und 2000 verdoppelte sich die Produktivität der produzierenden Industrie bei gleichzeitigem Stellenabbau. Gleichzeitig verdoppelte sich der Output im Dienstleistungssektor bei einem gleichzeitigen Zuwachs an Arbeitsplätzen von 90 Prozent. Insgesamt entstanden sogar mehr neue Jobs, als verloren gingen.
Was das Modell aufzeigt, ist dass ein technologischer Fortschritt in einem Sektor in Summe keinen Arbeitsplatzabbau verursachen muss. Voraussetzungen dafür sind der steigende Konsum und die Flexibilität der Arbeitnehmer. Warum es demnach also trotzdem Arbeitslosigkeit gibt? Nun die Industrien, in denen es aktuell viele Jobs gibt, werden dazu veranlasst die Arbeitsplätze nicht abzubauen. Dies geschieht durch Subventionen oder durch Druck seitens der Gewerkschaften oder Öffentlichkeit. Der Kohleabbau ist ein gutes Beispiel dafür. Die wachsenden Industrien, in denen zukünftig Arbeitsplätze entstehen könnten, werden dadurch übermäßig belastet und in ihrem Wachstum gehindert. Es können also nicht genug neue Arbeitsplätze entstehen.
Doch kann man das so einfach sagen? In dem Modell werden politische Rahmenbedingungen, Bedingungen von Arbeitsverträgen und vieles mehr ausgelassen. Tatsächlich ist es ein äußerst simplifiziertes Modell. Es offenbart eine Schwachstelle der Wirtschaftswissenschaften (die es übrigens in allen Naturwissenschaften gibt). Man kann keine Wissenschaft betreiben, ohne ein Modell zu benutzen wozu jedoch betrachtete Faktoren minimiert werden müssen. Dieses Modell kann dann zwar Sachverhalte einfacher aufzeigen, zeigt aber nur einen Ausschnitt der Realität. Eine vollständiges Bild der Wirtschaft kann nie beschrieben werden. Nur wenn man das weiß, kann man auch verstehen, warum Prognosen falsch sein können oder immer wieder verbessert werden müssen. Dass trotzdem z.B. die Prognosen für das Wachstum von Volkswirtschaften in eindeutigen Zahlen angegeben werden, anstatt dass beispielsweiße eine Bandbreite aus optimistischer und pessimistischer Schätzung angegeben wird, spiegelt den Wunsch der Menschen wider eine möglichst genaue Vorhersage der Zukunft zu bekommen.