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Red Bull – vom Marktführer für Energiegetränke zum
kommenden Medienimperium?
Das Magazin Fast Company vergab in der Liste „The
World´s 50 Most Innovative Companies“ den 29. Platz an Red Bull für genau diese
Entwicklung. Gebündelt unter dem Dach der Red Bull Media House GmbH besitzt der
Konzern mittlerweile verschiedene Medienbeteiligungen und
Neugründungen. Kritiker bezeichnen es als eine gewaltige
Marketingmaschine. Rund ein Drittel des Umsatzes wird für die Pflege des
Marktauftritts ausgegeben.
Eine firmeninterne Nachrichtenagentur sammelt Inhalte zu einen der vielen weltweiten aufsehenerregenden Red-Bull-Ereignisse, um sie externen Medien gebündelt und aufbereitet zur Verfügung zu stellen.
Über eigene Medien werden die Konsumenten sogar
direkt erreicht. Das 2007 gegründete Hochglanzmagazin "Red Bulletin"
hat bereits eine Auflage von 5 Millionen Heften erreicht und wird mehrspraching
in zwölf Ländern vertrieben. FAZ-Leser kennen es als Beilage. Seit Oktober
2009 gehört Servus TV zur Mediensparte dazu. Mit einer Programmmischung aus
Actionstreifen aus der gesponserten Sport-Welt bis hin zu anspruchsvollem
Qualitätsfernsehen wird eine aufregende und einzigartige Red-Bull-Welt gezeigt,
von der die Konsumenten Teil werden können. Trotz einem Marktanteil in
Österreich von 1 Prozent hat der Sender ein beträchtliches Budget von
geschätzten 50 Millionen Euro. Die Ziele sind hoch: auch Deutschland und die
Schweiz sollen bedient werden. In allen Mediensparten wird eine
Expansionsstrategie betrieben. Mit Youtube ist Red Bull seit 2011
Partner. Zur Expansionslust passen auch Gerüchte, wonach Red Bull ein
eigenes soziales Netzwerk erwäge.
Entsprechende Signale hat Red Bull frühzeitig
erkannt und geschickt gedeutet. Der Kapitalismus erlebt aktuell eine
Transformation (vgl. freitag.de). Der Produktionskapitalismus spaltet sich in
Finanz- und Distributionskapitalismus. Nun gibt es Waren die nicht mehr nur
Wünsche des Konsums erfüllen wollen, sondern bereits das Leben, den Lifestyle
definieren; und das vor allem virtuell. Über die Medien bietet sich nun eine
Art des Produzierens an, die an das reale Produkt gar nicht mehr gebunden ist.
Die Macht liegt nicht mehr beim Produzenten sondern beim Distribuenten, der mit
Versprechungen, sozialen Identifikationen, Symboliken und schlussendlich der
wirklichen Ware handelt. Nicht nur in der Finanzwirtschaft wird mit Dingen
gehandelt, die es nicht gibt.
Das Komplettangebot aus Produkt, Marken-Image,
Vermarktungsstrategie und der Verknüpfung mit bestimmten Events gab es erstmals
bei Coca-Cola. Die streng bewachte Rezeptur verhalf dem Getränk bei seinem
Aufstieg. Mittlerweile gibt es kaum noch Konzerte ohne die Beteiligung von
Coca-Cola. Dass das mit einem Getränk gelang, ist kein Zufall. Gerade Getränke
wollen oft mehr als nur ein Getränk sein.
Red Bull ging einen Schritt weiter. Statt der
reinen Beteiligung am Spektakel, ging es über zur eigenen Erzeugung von
Spektakeln. Beispiele sind die „Red Bull Air Race Series“ oder die „Red Bull
X-Fighters“ (Freestyle Motocross Rennen). Neben ganzen Sportarten werden auch
mehr als 500 Sportler in 97 Disziplinen gesponsort. Zudem besitzt Red Bull u.a.
vier Fußballteams, ein Eishockeyteam und mehrere Autorennställe. Der
anfängliche Fokus auf Extremsportarten wurde 2009 nach dem Tod von zwei
Basejumpern abgemildert. Der Übergang vom punktuellen Sponsoring hin zum
langfristigen Engagement und eigenem Event-Management verspricht Red Bull einen
nachhaltigen Erfolg. Eine einziehende Symbiose zwischen Marke und der
spezifischen Subkultur garantiert langfristige Loyalität. Viele Fans wissen,
dass der Boom ihres Sportes nur dank Red Bull geschah.
Die Strategie Red Bulls ist dabei radikal. Das
Getränk selber wird nur von Drittfirmen produziert. Red Bull betreibt nur den
Vertrieb und das Marketing. Wichtig sind sowieso nicht die Produktionsmittel,
sondern die Marke und die Dominanz in der Distribution. Entscheidend ist dafür
die Verknüpfung des Produkts mit der Sphäre der Freizeit über Events und
Institutionen in Kunst, Musik und Bildung. Vertrieben wird darüber das Image
gebündelter Energie. Dafür sind die Konsumenten nicht nur bereit einen höheren
Preis zu zahlen, sondern auch ihr Leben unter das Zeichen Red Bulls zu stellen
und manch zaghafte medizinische Warnungen zu ignorieren. Mit einher geht die
Rücksichtslosigkeit gegenüber sich selbst und anderen. Red Bull schafft eine
Welt für sich; mit Extremsportarten, Street Art und der strikten Betonung der
Jugendlichkeit. Die mysteriöse Zutat Taurin hilft der Mythik und konstruiert
einen Zusammenhang zur Männlichkeit. Ein anfängliches Verbot von Taurin in
Frankreich oder auf den Dosen angebrachte Warnungen in Kanada geben dem Getränk
einen Hauch von Droge und tragen der Exotik des Red-Bull-Lifestyles bei.
Angewendet wird also nicht eine Kultivierung von
Red Bull sondern eine Red-Bull-isierung der kulturellen Institutionen.
Kreativität und sportliche Leistungen werden nicht nur – wie in der klassischen
Werbung – für die positive Assoziation benutzt, sondern direkt der Marke
unterworfen. Jedes einzelne Event wird festgehalten und entsprechend
aufbereitet um Geschichten rund um den Sport und Red Bull zu erzählen. Was
zählt sind extreme Tricks, Adrenalin, Rekorde und Actionshots. Bei der Jagd
nach den Aufnahmen werden oft Grenzen neu ausgelotet oder überschritten;
hauptsache es ist verwertbar für die Fortenwicklung des energiegeladenen
Red-Bull-Lifestyles. Dass dabei auch der Tod in Kauf genommen wird, ist Teil
der unkonventionellen Werbemethode; das zeigte erst diesen Oktober der Sprung
Felix Baumgartners aus der Stratosphäre. Im Sinne des Sports kann das nicht
ein. Er muss sich den Wünschen Red Bulls unterwerfen.
Auch unpolitisch ist die Botschaft nicht. Dominanz
als Wesensform gesellschaftlicher Aktivitäten, als Gegenwärtigkeit und als Korruption
von Sprache wird konstruiert und angepriesen. Sie ist die neue Form von
Herrschaft, über die (modische) Diskurse bestimmt werden. Red Bull ist somit
die Marke des Spektakels im Neoliberalismus. Ziel ist es schlichtweg, die Welt
mit dem eigenen Energydrink zu durchringen. Soll der Absatz – nach Plänen von
Matschitzt – mittelfristig verdoppelt werden, so kann die Medienmacht dabei
entscheidend helfen. Je größer die Medienmacht, desto mehr Absatz. Die Idee
dahinter ist simpel. Noah Brier, strategischer Leiter der Agentur the Barbarian
Group, welcher am Redesign der Marke arbeitete, führte aus: "Red Bull is a
media company that sells drinks instead of ads, and I get the impression they
think of themselves that way."