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Was ist Heimat?

Ed Siasoco "ROYGBIV" Some rights reserved. www.piqs.de

Der Begriff Heimat beschrieb früher den Grundbesitz, also Haus und Hof. Heimat wurde vererbt und umfasste einen rechtlich verankerten Besitz-, Rechte-, und Pflichtenraum. Doch wandelte sich die semantische Bedeutung von Heimat. Heute ist der zentrale Aspekt des subjektiv gemeinten Sinns von Heimat ein enges Zusammenspiel mit dem Begriff Idendität. Das Ich impliziert stets auch wo man hingehört. Das Grundmuster, einen sozialen Ort in seiner Umwelt zu finden, bedingt sich mit der Identität.

Die Heimat entsteht dabei erst aus der Bezugnahme auf ein Anderes. Aus der Abgrenzung zum Fremden konstruiert sich eine versichernde Wirkung, die das Eigene definiert. Heimat ist somit die vertraute Welt, in der man sich geborgen und vertraut fühlt. Auch wenn der Mensch ein mobiles Wesen ist, so braucht er einen Ort, der ihm seine Identität gibt. Hier wird er erkannt und anerkannt. Der Begriff Heimat impliziert also stets eine Beziehung zwischen Mensch und Raum. Als Entwicklung der Persönlichkeit durch die Interaktion mit der materiellen und sozialen Umwelt ist die Region prägend. Für die individuelle Identität, Einstellung und Weltauffassung wie für die gemeinschaftliche Identität ist sie prägend.

Greverus, eine Kulturanthropologin, bezeichnet die Heimat auch als Satisfaktionsterritorium. Sie schreibt ihm die Aufgaben zu, Sicherheit, Aktivitätsentfaltung und Identität zu gewähren. Unter Sicherheit wird die existentielle Sicherung von der Selbsterhaltung bis zur Sinnfrage verstanden. Hieraus leitet sich unter anderem die Aktivitätsentfaltung ab, die Teil der Identität ist. Die Aufgaben gehen Hand in Hand und formen die individuelle Identität jedes einzelnen als auch die der Gemeinschaft innerhalb der heimatlichen Region.

Doch scheint die heutige Welt die kleinen, sich selbst regulierenden Einheiten politisch und wirtschaftlich überholt zu sein. Die heimatliche Region wird offener; durch die Globalisierung gibt es Migration, Einflüsse von außen und Handlungszwänge in den Regionen. Die Gemeinschaften sind nicht mehr auf einen gemeinsamen Raum begrenzt. Durch die neu-gewonnene Mobilität und Kommunikationsformen ist der Wahrnehmungshorizont geöffnet aber auch sogleich verschränkt worden. Die Heimat und Identität wird instabiler, da ihre versichernde Wirkung eingeschränkt ist. Es entstehen sich überschneidende und berlagernde Identitäten und das Eigene und Heimatliche wird durch Individualisierung und soziale Differenzierung aufgelöst.

Heimat ist heute nicht mehr mit Ortsfestigkeit zu beschreiben. Stattdessen gibt es die Tendenz, sich einer Gruppe von gleichen anzuschließen und als heimatlichen Ersatz zu benutzen. Die Grenzen der Heimat sind aufgestoßen. Durch Entpersonalisierung, Entzeitlichung und Enträumlichung wird eine kosmische Heimat und Identität konstruiert. Dennoch ist nach Greverus der territoriale Imperativ ein conditio humana. Der Mensch brauche das Satisfaktionsterritorium, dass ihm in der zunehmenden Globalisierung Orientierung geben kann. Als Gegenpol zur Globalisierung bietet es Überschaubarkeit aber auch den größten Teil des Lebensraum. Tatsächlich sind beispielsweise nur 10% aller Telefonate grenzüberschreitend; trotz der Globalisierung gibt es eine Zuneigung zu kleineren Einheiten, zur Region oder zur eigenen Stadt.

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Sentiment-Analyse von deutschen Texten in R

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Migration und Bevölkerungsentwicklung: Solidarität und Selbsthilfe

Aus: Neue Potenziale - zur Lage der Nation in Deutschland , Juni 2014,  Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung Vor ein paar Wochen war ich auf einem sehr spannenden Vortrag am ifo-Institut in München von Herrn Dr. Klingholz, Direktor des Berlin Instituts für Bevölkerung und Entwicklung. Der Vortrag widmete sich einerseits der Zusammensetzung und dem Bildungs- wie Integrationsgrad deutscher Migranten und andererseits der zukünftigen Bevölkerungsentwicklung in Teilen der Welt und deren Auswirkungen auf die Migration in Europa, bzw. Deutschland. Polarisierend Unterteilt man die Migranten(1) nach Gruppen hinsichtlich ihrer Herkunftsländer, so zeigt sich oft eine starke Polarisierung des Bildungsgrades. Beispiel Rumänien und Polen. Zwar ist der Anteil der Migranten aus Rumänien und Polen ohne Bildungsabschluss wesentlich höher als der Anteil der Einheimischen. Umgekehrt ist der Anteil an Akademikern bei Migranten aus Rumänien und Polen höher als bei Einheimischen. Auch

die Hot-Dog-Ökonomie

Diego Torres Silvestre " Ice Creams, Hot Dogs & Pretzels" Some rights reserved. www.piqs.de Man stelle sich eine Wirtschaft vor, in der nur zwei Güter hergestellt würden: Würstchen und Brötchen. Konsumenten würden Hotdogs kaufen; also jeweils ein Brötchen mit einer Wurst. Die Fertigung geschieht durch Menschenhand. So fing Paul Krugman 1997 einen Artikel für das Online-Magazine Slate an, in welchem er den Zusammenhang von Technologie, Jobs und Kapitalismus erklären will. Er fährt fort, dass in dieser Wirtschaft 120 Millionen Arbeiter beschäftigt sind, was einer Vollbeschäftigung entspreche. Zur Herstellung einer Wurst oder eines Brötchens benötige es zwei Arbeitstage. Die 60 Millionen Angestellten in der Brötchenproduktion und genauso viele in der Wurstfabrikationen produzieren demnach täglich 30 Millionen Brötchen und Würste. Angenommen es komme eine verbesserte Technologie auf, mit deren Hilfe ein Arbeiter zur Herstellung einer Wurst nur noch einen Tag

die schöne Welt von Red Bull

Till Krech "wroooom" Some rights reserved. www.piqs.de Red Bull – vom Marktführer für Energiegetränke zum kommenden Medienimperium? Das Magazin Fast Company vergab in der Liste „The World´s 50 Most Innovative Companies“ den 29. Platz an Red Bull für genau diese Entwicklung. Gebündelt unter dem Dach der Red Bull Media House GmbH besitzt der Konzern mittlerweile verschiedene Medienbeteiligungen und Neugründungen. Kritiker bezeichnen es als eine gewaltige Marketingmaschine. Rund ein Drittel des Umsatzes wird für die Pflege des Marktauftritts ausgegeben. Eine firmeninterne Nachrichtenagentur sammelt Inhalte zu einen der vielen weltweiten aufsehenerregenden Red-Bull-Ereignisse, um sie externen Medien gebündelt und aufbereitet zur Verfügung zu stellen. Über eigene Medien werden die Konsumenten sogar direkt erreicht. Das 2007 gegründete Hochglanzmagazin "Red Bulletin" hat bereits eine Auflage von 5 Millionen Heften erreicht und wird mehrspraching in zwö

Verspargelung der Landschaft

FZ 18: "Mount Idarkopf" www.piqs.de Some Rights reserved. Vielleicht ist es, weil ich erst 22 Jahre alt bin. Vielleicht weil es bei meiner Heimatstadt schon seit mehr als zehn Jahren ein Windrad gibt. Aber das Argument einer Verspargelung der Landschaft durch Windräder zählt für mich nicht. Ich komme aus Baden-Württemberg. Insofern verfolgt mich das Argument der Verspargelung der Landschaft durch den ehemaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Erwin Teufel fast genauso lange wie das Windrad vor meiner Haustür. Das Argument wird immer wieder von jenen hervorgebracht, welche gegen die Aufstellung von Windrädern sind. Die einen fürchten um die Landschaft, andere finden sie einfach nicht schön und noch andere bringen es nur als Vorwand. Besonders die Nähe zur Atomwirtschaft fällt einem bei der hießigen CDU auf. In Baden-Württemberg ist der Fall bei den Windrädern vielleicht ein bisschen spezieller. Wenn man hier die Windenergie effizient nutzen will, so