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Der Begriff Heimat
beschrieb früher den Grundbesitz, also Haus und Hof. Heimat wurde vererbt und umfasste einen rechtlich verankerten Besitz-,
Rechte-, und Pflichtenraum. Doch wandelte sich die semantische
Bedeutung von Heimat. Heute ist der zentrale
Aspekt des subjektiv gemeinten
Sinns von Heimat ein enges Zusammenspiel mit dem Begriff
Idendität. Das Ich impliziert stets auch wo man hingehört. Das Grundmuster, einen sozialen Ort in seiner Umwelt zu finden, bedingt sich mit der Identität.
Die Heimat entsteht
dabei erst aus der Bezugnahme auf ein Anderes. Aus der Abgrenzung zum
Fremden konstruiert sich eine versichernde Wirkung, die das Eigene
definiert. Heimat ist somit die vertraute Welt, in der man sich
geborgen und vertraut fühlt. Auch wenn der Mensch ein mobiles Wesen ist, so braucht er einen Ort, der ihm seine Identität gibt. Hier wird er erkannt und anerkannt. Der
Begriff Heimat impliziert also stets eine Beziehung zwischen Mensch
und Raum. Als Entwicklung der Persönlichkeit durch die Interaktion mit der
materiellen und sozialen Umwelt ist die Region prägend. Für die
individuelle Identität, Einstellung und Weltauffassung wie für die
gemeinschaftliche Identität ist sie prägend.
Greverus, eine Kulturanthropologin, bezeichnet die Heimat auch als Satisfaktionsterritorium. Sie schreibt ihm die Aufgaben zu, Sicherheit, Aktivitätsentfaltung und Identität zu gewähren. Unter
Sicherheit wird die existentielle Sicherung von der Selbsterhaltung
bis zur Sinnfrage verstanden. Hieraus leitet sich unter anderem die Aktivitätsentfaltung ab, die
Teil der Identität ist. Die Aufgaben gehen Hand in Hand und formen
die individuelle Identität jedes einzelnen als auch die der
Gemeinschaft innerhalb der heimatlichen Region.
Doch
scheint die heutige Welt die kleinen, sich selbst regulierenden
Einheiten politisch und wirtschaftlich überholt zu sein. Die
heimatliche Region wird offener; durch die Globalisierung gibt es
Migration, Einflüsse von außen und Handlungszwänge in den
Regionen. Die Gemeinschaften sind nicht mehr auf einen gemeinsamen
Raum begrenzt. Durch
die neu-gewonnene Mobilität und Kommunikationsformen ist der
Wahrnehmungshorizont geöffnet aber auch sogleich verschränkt
worden. Die Heimat und Identität wird instabiler, da ihre
versichernde Wirkung eingeschränkt ist. Es entstehen sich
überschneidende und berlagernde Identitäten und das Eigene und
Heimatliche wird durch Individualisierung und soziale Differenzierung
aufgelöst.
Heimat ist heute nicht mehr mit Ortsfestigkeit zu
beschreiben. Stattdessen gibt es die Tendenz, sich einer Gruppe von gleichen anzuschließen
und als heimatlichen Ersatz zu benutzen. Die Grenzen der Heimat sind
aufgestoßen. Durch Entpersonalisierung, Entzeitlichung und
Enträumlichung wird eine kosmische Heimat und Identität
konstruiert. Dennoch
ist nach Greverus der territoriale Imperativ ein conditio
humana. Der Mensch brauche das Satisfaktionsterritorium, dass ihm in der zunehmenden Globalisierung Orientierung geben kann. Als Gegenpol zur Globalisierung bietet es Überschaubarkeit aber auch den größten Teil des Lebensraum. Tatsächlich sind beispielsweise nur 10% aller Telefonate grenzüberschreitend; trotz der Globalisierung gibt es eine Zuneigung zu kleineren Einheiten, zur
Region oder zur eigenen Stadt.