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nach der Krise

zaoliang "Containerhafen" Some rights reserved. www.piqs.de

Deutschland kommt am besten durch die aktuelle Krise und kann diese Lage teils schamhaft ausnutzen. Das ist bekannt. Die Bundesrepublik beteiligt sich in großem Ausmaß an Staatshilfen und fordert dafür Reformen in ganz Europa; heißt vor allem eine Strukturreform und ein rascher Abbau von Staatsschulden. Von den Krisenländern fordert die Bundesregierung Reformen wie die Agenda 21; streicht aber gleichzeitig die Hilfen, die sie reformwilligen Staaten versprochen hatte. Eigene Reformen strengt die Bundesregierung aber nicht an und vor der Bundestagswahl wird es wohl auch keine großen Anstrengungen geben.

Warum auch? Deutschland profitiert ja in erheblichem Maße von der aktuellen Situation. Einerseits können sich die Zinsgewinne auf die Notkredite an die Krisenländer sehen lassen. Allein aus Griechenland sind das mehrere hundert Millionen Euro - Mitte 2011 waren das schon 136 Milliarden Euro. Andererseits konnte Deutschland von einem Ansturm auf die eigenen Anleihen profitieren. Bei einem Drittel der Auktionen in 2012 kassierte es sogar eine Prämie dafür, dass die verunsicherten Anleger ihr Geld dem sicheren Hafen Deutschland geben konnten. Laut dem ARD-Fernsehmagazin Monitor betrug diese Einsparung Anfang 2012 bereits satte 45 Mrd. Euro.

Auch wirtschaftlich profitiert Deutschland in der aktuellen Situation. Deutsche Unternehmen kamen leicht an Kredite mit niedrigen Zinsen, während ihre italienischen und spanischen Konkurrenten unter einer Kreditklemme leiden. Volkswagen konnte z.B. dank günstiger Kredite seinen Anteil am westeuropäischen Automarkt mit aggressiven Finanzierungsangeboten von 20 auf 25 Prozent steigern. Erst langsam macht sich die Wirtschaftskrise auch in Deutschland bemerkbar. Es ist auf den Export angewiesen; doch wird weltweit gerade heftigst gespart - auch auf Druck Deutschlands.

Dabei dreht sich die Reformdebatte nicht mehr nur um das Sparen sondern auch um neue Modelle für ganze Volkswirtschaften. Denn nicht alle sind davon überzeugt, dass nur Sparen helfe. Stattdessen brauche es zur langfristigen Krisenlösung auch eine Transformation ganzer Volkswirtschaften. Selbst die zwei größten Volkswirtschaften machen das gerade. Die USA verwirklichen ihren Traum von der Unabhängigkeit von Ölimporten. China baut den Binnenmarkt aus, um unabhängiger vom Weltmarkt zu werden.

Es ist also wahrscheinlich, dass die Weltwirtschaftskrise eine neue Struktur der Weltwirtschaft ergibt. Für Deutschland kann das ein böses Erwachen sein. Behauptete es sich so eben noch am besten in der Krise, so muss es sich nun in einer neuen Umwelt zurechtfinden. Was Deutschland also braucht, ist eine Vision der zukünftigen volkswirtschaftlichen Ausrichtung, aus der sich dann die Strategie für die nächsten Jahre ableiten lässt. Sie müsste in eine Vision für ganz Europa eingebettet sein. Die Transformation in eine ökologische Wirtschaft kann eine solche Vision sein; die Energiewende ist ein Anfang.

Es liegt es an der Bundesregierung solche Anregungen aufzugreifen und weiterzuentwickeln. Bis jetzt sind allerdings keine dahingehende Bestrebungen erkennbar. Denn finanziell und wirtschaftlich, selbst demografisch profitiert Deutschland momentan noch von der Krise (durch Arbeitsmigranten). Doch öffnet sich die Bundesregierung nicht bald solchen Fragen, dann riskiert es nicht nur die Zukunftsfähigkeit Deutschlands und Europas, sondern verliert auch das Vertrauen in die deutsche Solidarität und Zuverlässigkeit.

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Was ist fremd?

brandy74 "Malstunde" Some rights reserved. www.piqs.de Der Begriff Fremdheit wird benutzt zur Charakterisierung einer Beziehung. Immer muss etwas bekannt sein um es auch als fremd zu bezeichnen; andernfalls kann es nicht beschrieben werden. Wissenschaftlich wird die Fremdheit oft auch als die Gleichzeitigkeit von Nähe und Entferntheit, von Verbundenheit und Getrenntheit charakterisiert. Wer demnach etwas als fremd bezeichnet, unterscheidet die Welt an dieser Stelle in ein Innen und ein Außen. Das Fremde sei jenseits einer einer imaginären Grenze. Diese Grenzen können unterschiedlich lokalisiert werden. Bei der kulturellen Fremdheit werden andere kulturelle Verhaltensweisen und Ansichten identifiziert und als fremd bezeichnet. Bei der sozialen Fremdheit ist der Fremde hingegen Teil der eigenen Gesellschaft, der eigenen Gemeinschaft. Durch die Zuschreibung der sozialen Fremdheit wird er aus dem eigenen Bereich, also dem eigenen sozialen Milieu, exkludiert. Drückt sich

Sentiment-Analyse von deutschen Texten in R

Eine Sentiment-Analyse funktioniert im Grunde wiefolgt: die einzelnen Wörter werden eines Textes werden mit bestimmten Bibliotheken abgeglichen und eine Einteilung in "positiv/negativ" oder ein hinterlegter Sentiment-Wert abgegriffen. Die Summe dieser Werte ergibt schließlich den Sentiment-Score des ganzen Texts. Für englische Texte sind in R bereits Bibliotheken hinterlegt (z.B. im Package tidytext ). Für deutsche Texte habe ich auf meiner Recherche die Bibliothek  SentiWS  der Universität Leipzig gefunden. Die rund 16.000 positiven und 18.000 negativen Wörter sind mit einer Wertspanne von -1 zu 1 hinterlegt. Das Problem ist, dass diese in zwei Textdateien kommen, deren Format erst aufbereitet werden muss. So sieht die Bibliothek beim Einlesen aus: Mit folgendem Code habe ich mir die Bibliothek operationalisiert: library(dplyr) # SentiWS - Dateien hier runterladen: https://wortschatz.uni-leipzig.de/en/download # a) negative Wörter # die Textdatei einlesen negat

Migration und Bevölkerungsentwicklung: Solidarität und Selbsthilfe

Aus: Neue Potenziale - zur Lage der Nation in Deutschland , Juni 2014,  Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung Vor ein paar Wochen war ich auf einem sehr spannenden Vortrag am ifo-Institut in München von Herrn Dr. Klingholz, Direktor des Berlin Instituts für Bevölkerung und Entwicklung. Der Vortrag widmete sich einerseits der Zusammensetzung und dem Bildungs- wie Integrationsgrad deutscher Migranten und andererseits der zukünftigen Bevölkerungsentwicklung in Teilen der Welt und deren Auswirkungen auf die Migration in Europa, bzw. Deutschland. Polarisierend Unterteilt man die Migranten(1) nach Gruppen hinsichtlich ihrer Herkunftsländer, so zeigt sich oft eine starke Polarisierung des Bildungsgrades. Beispiel Rumänien und Polen. Zwar ist der Anteil der Migranten aus Rumänien und Polen ohne Bildungsabschluss wesentlich höher als der Anteil der Einheimischen. Umgekehrt ist der Anteil an Akademikern bei Migranten aus Rumänien und Polen höher als bei Einheimischen. Auch

die Hot-Dog-Ökonomie

Diego Torres Silvestre " Ice Creams, Hot Dogs & Pretzels" Some rights reserved. www.piqs.de Man stelle sich eine Wirtschaft vor, in der nur zwei Güter hergestellt würden: Würstchen und Brötchen. Konsumenten würden Hotdogs kaufen; also jeweils ein Brötchen mit einer Wurst. Die Fertigung geschieht durch Menschenhand. So fing Paul Krugman 1997 einen Artikel für das Online-Magazine Slate an, in welchem er den Zusammenhang von Technologie, Jobs und Kapitalismus erklären will. Er fährt fort, dass in dieser Wirtschaft 120 Millionen Arbeiter beschäftigt sind, was einer Vollbeschäftigung entspreche. Zur Herstellung einer Wurst oder eines Brötchens benötige es zwei Arbeitstage. Die 60 Millionen Angestellten in der Brötchenproduktion und genauso viele in der Wurstfabrikationen produzieren demnach täglich 30 Millionen Brötchen und Würste. Angenommen es komme eine verbesserte Technologie auf, mit deren Hilfe ein Arbeiter zur Herstellung einer Wurst nur noch einen Tag

die schöne Welt von Red Bull

Till Krech "wroooom" Some rights reserved. www.piqs.de Red Bull – vom Marktführer für Energiegetränke zum kommenden Medienimperium? Das Magazin Fast Company vergab in der Liste „The World´s 50 Most Innovative Companies“ den 29. Platz an Red Bull für genau diese Entwicklung. Gebündelt unter dem Dach der Red Bull Media House GmbH besitzt der Konzern mittlerweile verschiedene Medienbeteiligungen und Neugründungen. Kritiker bezeichnen es als eine gewaltige Marketingmaschine. Rund ein Drittel des Umsatzes wird für die Pflege des Marktauftritts ausgegeben. Eine firmeninterne Nachrichtenagentur sammelt Inhalte zu einen der vielen weltweiten aufsehenerregenden Red-Bull-Ereignisse, um sie externen Medien gebündelt und aufbereitet zur Verfügung zu stellen. Über eigene Medien werden die Konsumenten sogar direkt erreicht. Das 2007 gegründete Hochglanzmagazin "Red Bulletin" hat bereits eine Auflage von 5 Millionen Heften erreicht und wird mehrspraching in zwö

Verspargelung der Landschaft

FZ 18: "Mount Idarkopf" www.piqs.de Some Rights reserved. Vielleicht ist es, weil ich erst 22 Jahre alt bin. Vielleicht weil es bei meiner Heimatstadt schon seit mehr als zehn Jahren ein Windrad gibt. Aber das Argument einer Verspargelung der Landschaft durch Windräder zählt für mich nicht. Ich komme aus Baden-Württemberg. Insofern verfolgt mich das Argument der Verspargelung der Landschaft durch den ehemaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Erwin Teufel fast genauso lange wie das Windrad vor meiner Haustür. Das Argument wird immer wieder von jenen hervorgebracht, welche gegen die Aufstellung von Windrädern sind. Die einen fürchten um die Landschaft, andere finden sie einfach nicht schön und noch andere bringen es nur als Vorwand. Besonders die Nähe zur Atomwirtschaft fällt einem bei der hießigen CDU auf. In Baden-Württemberg ist der Fall bei den Windrädern vielleicht ein bisschen spezieller. Wenn man hier die Windenergie effizient nutzen will, so