Eigentlich hält Barrack Obama bald
eine Rede, doch eine Kaffee-und-Doughnut-Kette hat Vorrang. Es ist
die UN-Vollversammlung 2009 und der kanadische Prime Minister Stephen
Harper macht genau das. Er verlässt eine hochrangige Diskussion zur
Nichtverbreitung von Atomwaffen und zum Klimawandel in der
Vollversammlung, um die Tim-Hortons-Zentrale zu besuchen. Damit wolle
er die Entscheidung des Unternehmens würdigen, seinen Steuersitz
nach Kanada zurückzuverlegen – wohlgemerkt nach einer drastischen
Senkung der Gewerbesteuer. Darauf angesprochen wusste sein
Pressesprecher nichts anderes zu sagen, als dass die Wirtschaft nunmal immer
Vorrang habe.
Das ganze war ein geeigneter Anlass für den liberalen
Abgeordneten David McGuinty, Harper als Isolationisten zu bezeichnen,
welcher nicht an multilaterale Institutionen glaube. Zwar ist es Kanada gewohnt eine Nebenrolle zu spielen, dennoch war es oft genug ein bedeutender Bezugspunkt in den internationalen Beziehungen. Lester B. Pearson, ehemaliger Außenminister und Regierungschef, bekam für seine Rolle zur Lösung der Suez-Krise in 1957 den Friedensnobelpreis.
Stephen Harper´s Politik stellt angesichts dessen eine Zäsur dar. Hielten seine Vorgänger regelmäßig Reden vor der UN-Vollversammlung und war Kanada für seine konstruktive Außenpolitik geachtet, so sah man Harper erst einmal in New York. Seine Prioritäten sind nicht die multilateralen Beziehungen Kanadas, sondern der Aufbau eines starken Kanadas. Was zählt sind Souveränität und
Sicherheitsfragen. Nationalbewusstsein dominiert die neue Außenpolitik.
Dieser Paradigmenwechsel macht sich vor allem in
der Arktis bemerkbar. Harper war schon mehrere Male in der Arktis und nahm mit seinem Verteidigungsminister schon an einer Operation der Streitkräfte teil. Es gelte Präsenz zu zeigen und den eigenen Hoheitsanspruch zu untermauern. Mit Dänemark gibt es Streit um eine Insel vor Grönland, mit den USA Uneinigkeit über den Grenzverlauf in der Beaufort Sea und mit Russland gibt es einen Disput über den Lomonosov-Rücken. Die Mehrheit der Kanadier sehe die Souveränität in der Arktis als die höchste außenpolitische Priorität. Stephen Harper konnte sie davon überzeugen. Es geht dabei auch um riesige Mengen an Rohstoffen. Darin sieht Harper Kanada´s Zukunft. Mit einher geht ein Paradigmenwechsel in der Klimapolitik. War Kanada eines der ersten Länder, dass das Kyoto-Protokoll ratifizierte, so stieg es Ende 2011 aus - und sparte 14 Milliarden Dollar an Strafzahlungen. Kanada bekam bereits vier Mal den Titel Fossil of the Year verliehen; eine Auszeichnung für den größten Blockierer der Klimaverhandlungen.