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Internet Memes

Jason Scragz "This cult hurts people" Some rights reserved. www.piqs.de

Es war 1970 und eines Morgens stand an vielen Münchner Häuserfassaden das Wort Heiduk. Keiner wusste was es damit auf sich hatte. Manche vermuteten eine politische Aussage einer militanten Gruppe  hinter dem Graffiti, andere machten sich einfach nur einen Spaß daraus, das Graffiti weiter zu vertreiben. Es soll sogar noch in Kapstadt, Marrakesch oder San Francisco gesehen worden sein. Eine lustige Geschichte - allerdings kennen sie nur wenige. Eine Aussage hatte die Aktion nicht; doch das wussten damals nur wenige Insider.

Solche Insider gibt es immer noch; doch dank des Internets mit Teilnehmern auf der ganzen Welt. Memes treten ihre Nachfolge an. Der Begriff Meme wird zur Bezeichnung vieler Phänomene des Internets benutzt. Zumeist bezeichnet man damit aber klar festmachbare Texte oder Phrasen und konkrete Bilder oder Töne. Sie dienen als Schablone, in die aktuelle Ereignisse eingesetzt werden können. Um sie zu benutzen und zu verstehen muss man jedoch den Insider kennen. Die Kombination macht dann meist den Witz aus. Prinzipiell kann jeder die Memes durchdeklinieren und aus unerwarteten Kombinationen entstehen wiederum neue Schablonen. Um zu einem Selbstläufer zu werden ist somit der Freiraum für Modifikationen entscheidend.

Es ist eine Art Sport, wer das beste Meme macht. Dabei stehen die Memes im Mittelpunkt; oft ist der Autor nich erkennbar und soll dies auch nicht sein. Es ist wie beim Diskurstheoretiker Foucault: es gibt nur noch den Diskurs der undefinierbaren Masse. Die Ideen fliegen im Raum herum. Bei den Memes geht es um den Spaß durch die lustigen Kombinationen und das Wiedererkennen oder aber es wird sich über das "Internetprekariat" lustig gemacht, dass auf yahoo-Answers lächerliche Fragen stellt. Es ist meist eine stupide Belustigung, doch eine eigene Subkultur für sich, die auch sprachliche Neuentwicklungen hervorbringt. Facepalm oder das Substantiv Fail sind solche Begriffe. Eine Netzkultur die sich in der realen Welt bemerkbar macht. Sie als Kultur zu bezeichnen ist jedoch eine Herausforderung für viele: Denn seit der Renaissance gibt es den Gedanken, dass tolle Kultur von tollen Menschen gemacht wird.

Doch wie schon festgestellt, geht es bei den Memes zuvorderst um den Spaß. Regeln gibt es nicht. Dies hindert manche nicht daran, und den Samstag zum "catterday" auszurufen an dem Katzenbilder gepostet werden. Genauso gut darf gegen die Regel wieder verstoßen werden. Auch gesellschaftlich nicht akzeptable Themen oder Bilder gehören zu ihr. Dennoch können die Internet-Memes auch eine ganz konkrete Bedeutung für die Realität bedeuten. Denn dass dabei auch gesellschaftlich-relevantes entstehen kann, zeigt der Anonymous-Protest gegen Scientology. Aus einer anfänglichen Bewegung, die sich über ein Werbevideo mit Tom Cruise lustig machte, entwickelten sich schließlich reale, öffentlichkeitswirksame Aktionen. Es waren eher unorganisierte Flashmob-Aktionen wie im Netz. Mit Guy-Fawkes-Maske konnte auch die Anonymität gewahrt bleiben. Zwar chaotisch, aber dennoch gab es einen sichtbaren Erfolg und die Sekten-Thematik schaffte es wieder in die öffentliche Aufmerksamkeit.

Tatsächlich tauchen in den Foren neben Katzenbildern oder ähnlichem immer wieder politische Nachrichten und Fakten auf. Die Memes können auch als Nachrichtenquelle wie twitter oder wikileaks dienen. Um diese politische Artikulation zu verstehen, ist es jedoch notwendig die Natur dieser Internetkultur zu kennen. Dabei wird einem auch sofort ersichtlich, was für ein Potenzial in den Internet-Memes liegt - sowohl im politischen als auch im Marketing-technischen Sinne. In Zukunft werden Protestbewegungen, aber auch Marketingexperten wohl schärfer Acht auf das Netz geben. 

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Was ist fremd?

brandy74 "Malstunde" Some rights reserved. www.piqs.de Der Begriff Fremdheit wird benutzt zur Charakterisierung einer Beziehung. Immer muss etwas bekannt sein um es auch als fremd zu bezeichnen; andernfalls kann es nicht beschrieben werden. Wissenschaftlich wird die Fremdheit oft auch als die Gleichzeitigkeit von Nähe und Entferntheit, von Verbundenheit und Getrenntheit charakterisiert. Wer demnach etwas als fremd bezeichnet, unterscheidet die Welt an dieser Stelle in ein Innen und ein Außen. Das Fremde sei jenseits einer einer imaginären Grenze. Diese Grenzen können unterschiedlich lokalisiert werden. Bei der kulturellen Fremdheit werden andere kulturelle Verhaltensweisen und Ansichten identifiziert und als fremd bezeichnet. Bei der sozialen Fremdheit ist der Fremde hingegen Teil der eigenen Gesellschaft, der eigenen Gemeinschaft. Durch die Zuschreibung der sozialen Fremdheit wird er aus dem eigenen Bereich, also dem eigenen sozialen Milieu, exkludiert. Drückt sich

Sentiment-Analyse von deutschen Texten in R

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Migration und Bevölkerungsentwicklung: Solidarität und Selbsthilfe

Aus: Neue Potenziale - zur Lage der Nation in Deutschland , Juni 2014,  Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung Vor ein paar Wochen war ich auf einem sehr spannenden Vortrag am ifo-Institut in München von Herrn Dr. Klingholz, Direktor des Berlin Instituts für Bevölkerung und Entwicklung. Der Vortrag widmete sich einerseits der Zusammensetzung und dem Bildungs- wie Integrationsgrad deutscher Migranten und andererseits der zukünftigen Bevölkerungsentwicklung in Teilen der Welt und deren Auswirkungen auf die Migration in Europa, bzw. Deutschland. Polarisierend Unterteilt man die Migranten(1) nach Gruppen hinsichtlich ihrer Herkunftsländer, so zeigt sich oft eine starke Polarisierung des Bildungsgrades. Beispiel Rumänien und Polen. Zwar ist der Anteil der Migranten aus Rumänien und Polen ohne Bildungsabschluss wesentlich höher als der Anteil der Einheimischen. Umgekehrt ist der Anteil an Akademikern bei Migranten aus Rumänien und Polen höher als bei Einheimischen. Auch

die Hot-Dog-Ökonomie

Diego Torres Silvestre " Ice Creams, Hot Dogs & Pretzels" Some rights reserved. www.piqs.de Man stelle sich eine Wirtschaft vor, in der nur zwei Güter hergestellt würden: Würstchen und Brötchen. Konsumenten würden Hotdogs kaufen; also jeweils ein Brötchen mit einer Wurst. Die Fertigung geschieht durch Menschenhand. So fing Paul Krugman 1997 einen Artikel für das Online-Magazine Slate an, in welchem er den Zusammenhang von Technologie, Jobs und Kapitalismus erklären will. Er fährt fort, dass in dieser Wirtschaft 120 Millionen Arbeiter beschäftigt sind, was einer Vollbeschäftigung entspreche. Zur Herstellung einer Wurst oder eines Brötchens benötige es zwei Arbeitstage. Die 60 Millionen Angestellten in der Brötchenproduktion und genauso viele in der Wurstfabrikationen produzieren demnach täglich 30 Millionen Brötchen und Würste. Angenommen es komme eine verbesserte Technologie auf, mit deren Hilfe ein Arbeiter zur Herstellung einer Wurst nur noch einen Tag

die schöne Welt von Red Bull

Till Krech "wroooom" Some rights reserved. www.piqs.de Red Bull – vom Marktführer für Energiegetränke zum kommenden Medienimperium? Das Magazin Fast Company vergab in der Liste „The World´s 50 Most Innovative Companies“ den 29. Platz an Red Bull für genau diese Entwicklung. Gebündelt unter dem Dach der Red Bull Media House GmbH besitzt der Konzern mittlerweile verschiedene Medienbeteiligungen und Neugründungen. Kritiker bezeichnen es als eine gewaltige Marketingmaschine. Rund ein Drittel des Umsatzes wird für die Pflege des Marktauftritts ausgegeben. Eine firmeninterne Nachrichtenagentur sammelt Inhalte zu einen der vielen weltweiten aufsehenerregenden Red-Bull-Ereignisse, um sie externen Medien gebündelt und aufbereitet zur Verfügung zu stellen. Über eigene Medien werden die Konsumenten sogar direkt erreicht. Das 2007 gegründete Hochglanzmagazin "Red Bulletin" hat bereits eine Auflage von 5 Millionen Heften erreicht und wird mehrspraching in zwö

Verspargelung der Landschaft

FZ 18: "Mount Idarkopf" www.piqs.de Some Rights reserved. Vielleicht ist es, weil ich erst 22 Jahre alt bin. Vielleicht weil es bei meiner Heimatstadt schon seit mehr als zehn Jahren ein Windrad gibt. Aber das Argument einer Verspargelung der Landschaft durch Windräder zählt für mich nicht. Ich komme aus Baden-Württemberg. Insofern verfolgt mich das Argument der Verspargelung der Landschaft durch den ehemaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Erwin Teufel fast genauso lange wie das Windrad vor meiner Haustür. Das Argument wird immer wieder von jenen hervorgebracht, welche gegen die Aufstellung von Windrädern sind. Die einen fürchten um die Landschaft, andere finden sie einfach nicht schön und noch andere bringen es nur als Vorwand. Besonders die Nähe zur Atomwirtschaft fällt einem bei der hießigen CDU auf. In Baden-Württemberg ist der Fall bei den Windrädern vielleicht ein bisschen spezieller. Wenn man hier die Windenergie effizient nutzen will, so