Schon in wenigen Stunden könnte es im Gaza-Streifen zum
Krieg kommen. Es ist einmal mehr das Streben um Macht. Israels
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu stet angesichts der im Januar statt
findenden Neuwahlen unter Druck und auch die Hamas versucht ihr Gesicht zu
wahren. In Deutschland bemühen sich die Medien den Konflikt so neutral wie
möglich zu vermitteln, die Bundesregierung aber bezieht klar Stellung und steht
treu an Israels Seite. Es ist ein leidiges Thema. Alle möglichen Entwicklungen
in den letzten Stunden sind in der Vergangenheit schon einmal dagewesen. Vielleicht
beruhigt sich der Konflikt und eine Bodenoffensive bleibt beiden Parteien
erspart, aber genauso könnte es auch sein, dass noch heute Nacht israelische
Bodensoldaten in den Gazastreifen geschickt werden. Das war letztmals zum
Jahreswechsel 2008/2009 der Fall. Egal wie der Konflikt sich aber entwickelt,
das Thema nervt. Und das tut es aus vielerlei Hinsicht.
Zunächst wäre da die deutsche Geschichte. Geschichte
verpflichtet, ganz besonders die deutsche Geschichte. Egal aus welcher
moralischen Perspektive man auch das Geschehen heute betrachten mag, die
Vergangenheit ist für uns Deutsche immer Teil. Genau so klar ist die Tatsache,
dass dem jüdischen Volk nie wieder solches Leid zugefügt werden darf. Wir
befinden uns also in der Pflicht dem Staat Israel zur Seite zu stehen.
Schwierig wird es für uns dann, wenn es um das wie geht. Wie weit darf die
Kritik am israelischen Verhalten gehen? Wo müssen wir uns einmischen, wo dürfen
wir uns vielleicht gerade nicht einmischen? Es ist schwierig das richtige Maß
zu finden, deswegen tun wir uns damit auch so schwer.
Erschwert wird das ganze Thema aber nicht nur durch unsere
eigene Geschichte, Israels Geschichte ist noch weit wichtiger, möchte man die
Hintergründe verstehen. In vielen verschiedenen Kriegen musste sich das
jüdische Land immer wieder gegen seine Nachbarn behaupten. Was es bedeutet in
ständiger Angst und Furcht aufzuwachsen kann kaum ein Mensch meiner Generation
in Europa erahnen. Die Menschen in Israel leben aber mit dieser Angst, dem
Schrecken, der Furcht vor immer neuen Bedrohungen, egal welcher Art auch immer.
Ein solcher Hintergrund beeinflusst die eigene politische Meinung. Wie würden
wir unter solchen Umständen wohl über einen Einmarsch im Gaza-Streifen denken?
Vielleicht würden wir auch Benjamin Netanjahus Politik unterstützen.
Der Konflikt ist aber nicht nur von historischen Kontext
schwierig zu verstehen, auch tagespolitische Entscheidungen erscheinen und
Fremd und sind wenig nachvollziehbar. Auslöser für Konflikte sind meist so
viele Faktoren, wir können sie alle gar nicht überblicken. Den Beschuss Israels
mit Raketen verstehen wir nicht, vor allem mit der Konsequenz, dass das
israelische Militär Rache übt und die eigene Zivilbevölkerung am meisten
darunter leidet. Wir verstehen nur sehr schwer, wieso der Siedlungsbau nicht
endlich verboten wird, besonders wenn hier hauptsächlich die Gegenseite
provoziert wird. Unverständlich ist auch das Vertrauen in die Hamas auf der
einen Seite, und auf der anderen Seite die Wahl der konservative Likud Partei
von Netanjahu. Beide Parteien scheinen weniger am Frieden als an immer neuen
Konflikten interessiert.
Überhaupt nervt an diesem Thema eigentlich am meisten, dass
kaum Erfolge und Fortschritte erzielt werden. Es ist traurig und
unverständlich, dass alle Bemühungen um Frieden bisher gescheitert sind. Man
bekommt den Eindruck, dass ein Frieden gar nicht erwünscht ist.
Wohlgemerkt auf beiden Seiten. Und so lässt sich wahrscheinlich auch am besten
erklären, wieso wir eigentlich nur noch mit Kopfschütteln reagieren, wenn die Sprache einmal wieder auf diesen Konflikt kommt. Denn ändern wird sich ja sowieso nichts.