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Nachkritik: Absolute Mehrheit



Im Vorfeld war viel über Raabs neue Show „Absolute Mehrheit“ geschrieben worden. Bundestagspräsident Norbert Lammert bezeichnete diese im Westfalen-Blatt als „Unfug“, ARD-Chefredakteur Thomas Baumann hielt das Konzept für „abwegig“ und dann war da ja auch noch der Streit um das Fernbleiben von Peter Altmeier. Während viele Medien im Vorfeld der Show auf eine Alternative zu dem üblichen Jauch-Will-Maischberger-Plasberg-Illner-Talkshows gehofft hatten, befürchteten andere den Ausverkauf der Politik und billige Meinungsmache für Geld. Doch weder das eine noch das andere trat ein. Es gab viel Aufregung um (fast) gar nichts.

Die Sendung besteht aus drei Runden, in denen jeweils über ein anderes Politikthema diskutiert wird. Die Zuschauer können über das Abschneiden der fünf Teilnehmer abstimmen und pro Runde einen Kandidaten herauswählen. Gelingt es einem der Teilnehmer in der letzten Runde 50 Prozent der Stimmen zu erhalten so gewinnt er die 100.000 Euro. Zwischen durch werden immer wieder die aktuellen Wertungen eingeblendet, vergleichbar mit Castingshows wie DSDS oder Gemanys Next Topmodell.

An der ersten Sendung nahmen Wolfgang Kubicki (FDP), Thomas Oppermann (SPD), Michael Fuchs (CDU), Jan van Aken (Die Linke) und Verena Delius, selbständige Unternehmerin, teil. Wer hier am besten punkten kann war wohl im Voraus schon klar, lediglich das Abschneiden der Unternehmerin Verena Delius war offen. Die drei Themen der ersten Sendung waren Steuergerechtigkeit, Energiewende und Soziale Netzwerke. Eingeleitet wurden diese jeweils von einem kurzen Einspieler, der wohl zum jeweiligen Thema informieren sollte. Inhalt kam bei dieser Form jedoch wohl kaum beim Zuschauer an. Als Verstärkung stand Stefan Raab Politexperte Peter Limbourg, Politikexperte der ProSiebenSat.1-Mediengruppe, zur Seite. Er wurde im Verlauf der Sendung jedoch nur zum Zwischenergebnis präsentieren gebraucht, wahrscheinlich hatte er Seriosität vermitteln sollen.

Inhaltlich lässt sich nur sehr wenig vom gestrigen Abend berichten. Wolfgang Kubicki verhielt sich wie erwartet: Ein paar Spitzen gegen die FDP Führung und klare Meinung zu allen Themen.  Jan van Aken plädierte dafür Strom zu verschenken, forderte das Bedingungslose Grundeinkommen und gab ansonsten den Streitbaren. Thomas Oppermann und Michael Fuchs versuchten ihre inhaltlichen Positionen in den Vordergrund zu rücken, auffällig war hier lediglich die sehr politische Sprache der Beiden. Verena Delius nahm am Ender jeder Runde Stellung, konnte dabei aber kaum eigene Meinungen präsentieren und war daher auch kaum eine Bereicherung für die Runde. Die meiste Redezeit hatte Stefan Raab. Er riss ein paar mehr oder weniger lustige Witze (einer hatte mit Philipp Rösler und Stäbchen zu tun), stellte aber alles in allem gute Fragen. Die Unterhaltung zerstörte er jedoch immer wieder, in dem er für Werbung oder Zwischenergebnisse unterbrach. Hier wurde auch schnell das Hauptproblem der Sendung deutlich: Es gibt keine Zeit um auch nur ein Thema politisch zu diskutieren. Jeder der fünf Teilnehmer hatte zwar Zeit seine Position zu vertreten, aber zur eigentlichen  Diskussion kam es kaum. Wer also auf einen inhaltlichen Schlagabtausch gehofft hatte wurde bitter enttäuscht, denn dafür war leider keine Zeit. Überhaupt ging es nur sehr wenig um Inhalte.

Auch das Konzept der Sendung, die Bürger über die beste Meinung entscheiden zu lassen ist in meinen Augen gescheitert. Wolfgang Kubicki gewann vor Jan van Aken und Thomas Oppermann. Die beiden mit der polarisierenden Meinung bekamen die meisten Stimmen. Dies ist zum einen aber bereits zu Beginn der Sendung abzusehen und zum anderen bringt das Inhaltlich kaum eine Sendung voran.
Für mich bleibt klar: Wer sich mit einem politischen Thema auseinander setzen möchte und dabei die Meinung verschiedener Politiker hören will der sollte weiterhin die öffentlich-rechtlichen Sender einschalten. Dort wird gezielt über ein Thema informiert und debattiert. Wer jedoch seichte politische Unterhaltung mit Witz und weniger Inhalt sucht der ist bei Stefan Raab richtig.

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