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Es war eine der kuriosen Schlagzeilen des diesjährigen US-Wahlkampfs. Der texanische Generalstaatsanwalt Greg Abbott warnte die OSZE-Wahlbeobachter davor sich den Wahllokalen zu nähern. Wenn sie sich einem Wahllokal näher als 100 Fuß (30,5 Meter) nähern würden, würden sie sich strafbar machen. Ausländer dürften nicht in den Wahlprozess in Texas eingreifen oder ihn beeinflussen. Es folgte eine Beschwerde der OSZE bei Hillary Clinton, der US-Außenministerin und die Forderung, dass der Staatsanwalt die Androhung zurückzunehme. Schließlich habe die Organisation alle US-Wahlen seit 2002 ohne Zwischenfälle beobachtet.
Durchgeführt werden diese Wahlbeobachtungen von der in Warschau ansässigen OSZE-Unterorganisation ODIHR. Sie überwacht regelmäßig die Wahlen der 56 OSZE-Teilnehmerstaaten.
Doch was ist die OSZE und wieso führt sie solche Missionen durch?
Gegründet wurde die OSZE 1995 als Nachfolger der KSZE (Konferenz für Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa). Diese Konferenzen wurden ab 1975 während des Kalten Krieges zwischen beiden Blöcken abgehalten. Basis war das gegenseitige Interesse an Kooperation und Sicherheit in Europa. Die Sowjetunion war zusätzlich vor allem an der
wirtschaftlichen Zusammenarbeit und der Anerkennung der (nach dem
2.Weltkrieg neu gezogenen) Grenzen interessiert, der Westen verlangte dafür
die Achtung der Menschenrechte – deren (wenn auch nur schriftliche) Ratifikation war der Beginn vom Zusammenbruch der kommunistischen Regime.
Nach dem Zusammenbruch des Warschauer Paktes wurde die KSZE zur OSZE, die nun als Organisation die Kooperation und den
Frieden ständig überwacht. Offiziell ist sie aber keine Internationale Organisation und hat keine Mitglieds- sondern Teilnehmerstaaten. Und diese sind fast alle Staaten der nördlichen Erdhalbkugel. Die OSZE ist damit die größte regionale Sicherheitsorganisation der Welt. Hauptsäule ihrer Arbeit ist noch immer das Interesse an einer Sicherheit im Gebiet der Staaten. So ist
die OSZE hauptsächlich aktiv um den Ausbruch von Kriegen zu
verhindern und Spannungen abzubauen. Hinzu kommt die Aufgabe der Sicherung von Menschenrechten in den Teilnehmerstaaten. Hierzu stehen ihr Überprüfungs-, Kontroll- und Beobachtermissionen zur Verfügung. Das OSZE-Regelwerk sieht auch die Entsendung von Friedenstruppen vor. Die hierzu notwendigen Kontingente müssen allerdings von den Teilnehmerstaaten gestellt werden. Nach Satzung der OSZE soll erst nach einem Scheitern ihrer Bemühungen die Vereinten Nationen eingeschaltet werden.
Die OSZE entwickelte sich im Laufe der Jahre zu einer Art sicherheitspolitischem Dienstleistungsbetrieb. Prägen konnte sie aber weder die europäische noch die transatlantische Sicherheitsordnung. Der Westen setzte lieber auf die NATO in militärischen Fragen und auf die EU in wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Themen. Zudem nehmen sie die OSZE angesichts des andauernden Friedens in Europa nicht mehr ernst. Viele der totalitären Staaten Zentralasiens sehen zudem nicht gerne die Aktivitäten der OSZE im Bereich der Menschenrechte.
Von Anfang an war die OSZE somit durch das Desinteresse ihrer Teilnehmerstaaten geschwächt. Hinzu kommt, dass sie bei ihren Missionen auf das Wohlwollen der Regierungen angewiesen ist und ihre Beschlüsse nicht zwingend sind. Schon bei dem ersten großen Vorfall auf ihrem Einsatzgebiet scheiterte sie an der großen Herausforderung. Im Kosovo konnte sie nicht eingreifen, da die Teilnehmerstaaten nicht zustimmten. Stattdessen setzte der Westen schnell auf eine Konfliktlösung auf militärischem Wege und mit
massiver Unterstützung von NATO-Militäraktionen unter Führung der
USA. Doch holten sie sich dafür keine Legitimation der OSZE und ihrer Teilnehmerstaaten.
Dabei hat die OSZE die Mechanismen einer Konfliktbewältigung. In der Nachkriegszeit half sie beim Aufbau neuer Strukturen in Staat und Gesellschaft. Ihr Stärke liegt immer noch darin, erfolgreiche Präventionsmaßnahmen gegen Konflikte durchzuführen und ein Forum für den Dialog zwischen allen europäischen Staaten, den USA und Kanada und den ehemaligen sowjetischen Staaten zu bilden. Doch angesichts der fehlenden Akzeptanz ihrer Arbeit und der Übernahme vieler ihrer Aufgaben durch andere Organisationen, braucht sie neue Aktionsfelder und Ziele.
Die Wahlbeobachtung ist einer jener Aufgaben, die sie seit den 90ern erfolgreich durchführt. Sie ist wohl eine ihrer sensibelsten Feldaktivitäten. Vor allem Russland und eine Liste anderer zentralasiatischer Staaten nahmen dies kritisch auf, da dadurch Unregelmäßigkeiten aufgedeckt wurden. Solche Töne von amerikanischen Behörden waren bislang unbekannt und es wird sie wahrscheinlich auch so bald nicht wieder geben. Es zeigt aber wie rau der Wahlkampf in den USA geführt wird und wie weit seine Wellen schlagen. Dass es wieder Kritik am Wahlsystem geben wird, scheint sicher zu sein. Genau hierfür sind solche Wahlbeobachtungs-Missionen wichtig.